Alte Lebensversicherungen auf die Müllkippe? Was Kunden jetzt wissen müssen

Alte Lebensversicherungen auf die Müllkippe? Was Kunden jetzt wissen müssen

Sie haben eine Lebensversicherung bei Ergo Leben, bei der Generali oder der Axa? Was ändert sich, wenn diese Unternehmen tatsächlich ihre alten Lebensversicherungen abstoßen? Gibt es künftig weniger Zinsen oder sind die Befürchtungen reine Panikmache? Im Policen Direkt-Check erfahren Sie, was Verbraucher jetzt wissen müssen, um ihre Altersvorsorge zu sichern. Die Arag und die Basler Leben haben es bereits getan, Verträge der Mannheimer Leben sind schon längst in der Abwicklung. Der Generali-Konzern will seine deutsche Lebensversicherungsgesellschaft  an einen externen Finanzinvestoren verkaufen. Was steckt hinter diesem sogenannten Run-off?

Warum wollen Lebensversicherer wie die Generali Altbestände loswerden? Gründe für den Run-off

Die Lage ist ernst für deutsche Lebensversicherer – niedrige Zinsen, strenge gesetzliche Regeln und neue Konkurrenz mit digitalen Geschäftsmodellen fordern die Manager. Die neuen Produkte der Lebensversicherer weisen deswegen abgesenkte oder überhaupt keine Garantien auf, versprechen Rendite über chancenreiche Kapitalanlagen. Alte Lebensversicherungspolicen verfügen über hohe Garantiezinsen. Für diese attraktiven Verträge müssen Lebensversicherer besonders viel Kapital vorhalten und risikofrei zu entsprechend niedrigeren Zinsen anlegen. Mit der neuen Regulierungsvorschrift Solvency II, die seit Anfang 2016 greift, haben sich die Bedingungen noch verschärft. Mit dem Verkauf der Altverträge entlasten die Unternehmen die Situation und verbessern dadurch Ihre Solvenzquoten.

Tipp:

Blickt man auf die klassische Lebensversicherung als Instrument der Altersvorsorge, gilt zu beachten: Das Risiko liegt hier beim Versicherer. Denn Garantien muss er in jedem Fall erfüllen”, erklärt Henning Kühl Aktuar (DAV) und Chefaktuar der Policen Direkt-Gruppe. “Bei hybriden Produktvarianten der Lebensversicherungen sind Zinsrisiken zumindest teilweise, bei fondsgebundenen Lebensversicherungen zu 100 Prozent Sache des Kunden.

Müllkippe für alte Lebensversicherungen? Was hinter dem Begriff Run-off steckt

Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten (BdV), beispielsweise fürchtet eine „Massenflucht“ deutscher Versicherungsunternehmen. Für ihn ist der angekündigte Verkauf von Altbeständen ein Erdbeben, das die Altersvorsorge von mindestens Millionen Menschen gefährdet. An anderer Stelle war bereits von „Müllkippen“ und „Endlagern für Kunden“ die Rede. Schließlich gibt es Berichte, in denen Run-off Gesellschaften schlicht „Zombie-Versicherer“ genannt werden. Was steckt wirklich hinter der Abwicklung von Altbeständen und dem Run-off in der Lebensversicherung? Es gibt drei Varianten des Run-offs in der klassischen Lebensversicherung:

1. Neue Tarife

Am häufigsten kommt es vor, dass ein Versicherer einen Bestand schließt. Das bedeutet, dass er den betroffenen Tarif aus dem Angebot nimmt und ein neues Produkt mit beispielsweise niedrigerem Garantiezins verkauft.

Achtung:

“Es besteht die ernste Gefahr, dass Kunden, sich komplett aus der privaten Altersvorsorge zurückziehen, weil sie die neuen hybriden Produkte nicht durchschauen oder sie ihnen zu wenig Sicherheit bieten“, warnt Henning Kühl. „Fatal, angesichts der demografischen Herausforderung, auf die aktuell die gesetzliche Rente noch keine beruhigenden Antworten liefert, wenn es um Fragen zur Sicherung des Lebensstandards geht.”

2. Interner Run-off

Die zweite Variante: Der Konzern gründet eine eigene Gesellschaft für das Neugeschäft, kapselt die Gesellschaft für die Altverträge damit ab und schickt sie so in den internen Run-off. Das ist der Plan der Ergo Leben.

3. Externer Run-off

Der Lebensversicherer verkauft die Altbestände oder die betroffene Gesellschaft an eine Run-off Gesellschaft und wickelt das Altgeschäft damit ab. Aktuell prüft die Versicherungsaufsicht BaFin den Verkauf der deutschen Generali Leben an die Viridium. Die Axa Europe verkauft ihren Twinstar-Bestand ebenfalls. Von diesem  Geschäft sind zwar deutsche Kunden betroffen. Allerdings vollzieht sich das außerhalb Deutschlands und damit außerhalb des Zugriffs der BaFin.

Hintergrund:

Insgesamt bestehen knapp 85 Millionen Lebensversicherungsverträge in Deutschland. Hierzu zählen Kapitalversicherungen, Rentenversicherungen und Risikoversicherungen. Knapp 55 Millionen Verträge dürften mit Garantiezinsen ausgestattet sein und damit potenziell vom Verkauf an Run-off Gesellschaften gefährdet.

Wer kauft Altbestände? Die deutschen Run-off Gesellschaften

Bis dato gibt es zwei in Deutschland ansässige Run-off Plattformen, die klassische Lebensversicherungsbestände kaufen. Die Frankfurter Leben, die 2017 den Versicherungsbestand der deutschen Basler Leben und der Arag Leben übernommen hat, und die Viridium-Gruppe. Die ist aus der Heidelberger Leben vorgegangen und hat die Verträge der Mannheimer Leben von der Protektor Lebensversicherungs AG gekauft. Allerdings befinden diese Verträge sich bereits seit 2003 im Run-off. Bis dato befinden sich im externen Run-off noch rund 100.000 Verträge der Mannheimer und 450.000 Verträge bei der Frankfurter Leben. Sollten die Ergo Leben, Generali und Axa Leben entsprechende Pläne umsetzen, wären weitere knapp 13 Millionen Verträge betroffen. Weitere in Deutschland tätige Run-off Gesellschaften sind die Athene Leben und die MyLife. Athene hat jüngst angekündigt, sich umzubennenen und die Möglichkeiten des deutschen Run-off Marktes zu prüfen. Als Athora will man offenbar Rückversicherungslösungen als Alternative zum Run-off anbieten.

Wie ist der Zweitmarkt für Lebensversicherungen betroffen?

Der Zweitmarkt für Lebensversicherung und damit Policen Direkt kauft Einzelverträge von Kunden, übernimmt aber keine kompletten Bestände inklusive Kapitalanlagen vom Versicherer. Als größter institutioneller Versicherungsnehmer vertritt Policen Direkt damit ausdrücklich Verbraucherinteressen.

Achtung:

“Prinzipiell kauft Policen Direkt Verträge aller deutschen Lebensversicherungsgesellschaften, auch die der Run-off Gesellschaften”, sagt Policen Direkt-Geschäftsführer Max Ahlers. “Wir vertrauen der BaFin sicherzustellen, dass Verträge nach einer Bestandsübertragung genauso behandelt werden wie vorher und die Erwerber zuverlässig die Garantien gegenüber den Versicherten erbringen können.”

Unabhängig davon mache man sich aber sein eigenes Bild vom Markt. Ahlers: “Dazu beobachten Kennzahlen und Finanzdaten der Versicherer wie die Solvenzquoten und ganz aktuell auch die für 2016 gemeldete Beteiligung der Versicherten an den Erträgen.”

Altbestand an Run-off Gesellschaft verkauft? Was passiert mit meiner Lebensversicherung?

“Ohne jede Einschränkung” stehe man zu seinen Verpflichtungen gegenüber den Kunden, hatte eine Sprecherin der Ergo Versicherung unlängst erklärt. Damals war bekannt geworden, dass die Ergo die Altbestände in einer eigenen Auffanggesellschaft abkapseln will. Was hier nach großzügiger Geste für knapp 6 Millionen Verträge ausgesehen haben könnte, ist selbstverständlich und gesetzlich vorgeschrieben. Die Gesetzeslage ändert sich bei einem Run-off nicht.

Run-off: Was Sie jetzt als Kunde wissen sollten:

Ist meine Lebensversicherung sicher?

Die Versicherungsaufsicht BaFin muss jedem Run-off zustimmen. Noch ist überhaupt nicht entschieden, ob die Generali beispielsweise ihre Pläne überhaupt genehmigt bekommt. Die Auffanggesellschaft muss laut Versicherungsaufsichtsgesetz VAG die gleichen Anforderungen wie der Versicherer erfüllen – es geht um Garantien, Kapitalausstattung und Finanzstärke. Der Kunde darf also überhaupt nicht merken, dass sein Vertrag von einem anderen Unternehmen verwaltet wird – abgesehen vom Briefkopf seiner Standmitteilung vielleicht. Verbraucherschutz steht für die BaFin beim Run-off an vorderster Stelle. Sie überwacht bei der Übertragung der Bestände die grundlegenden Erfordernisse. Dass die BaFin darauf achtet, dass “dabei die Interessen der Versicherungsnehmer gewahrt bleiben”, davon zeigte sich unlängst auch Lars Gatschke, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Deutschland, im Interview mit dem Handelsblatt überzeugt.

Achtung:

Neben den künftigen Garantiezinsen sind auch die bis dato erwirtschafteten Überschüsse sicher und können Ihnen nicht mehr genommen werden.

Muss ich meine Lebensversicherung kündigen?

Manch einer fürchtet, dass die neuen Besitzer ihre Kunden aus den lukrativen Altverträgen zur Kündigung drängen. Auffanggesellschaften sollten aus Geschäftsinteresse die Kunden eher halten – am besten mit dem Service, den der Kunde vom ursprünglichen Versicherer kennt. Denn diese Unternehmen erzielen die Gewinne, an denen Sie die Kunden ebenso wie andere Versicherer übrigens beteiligen müssen, aus effektiver Bestandsverwaltung. Je mehr Versicherte, desto rentabler läuft das System. Kündigungen wirken hier kontraproduktiv.

Bekomme ich überhaupt noch Zinsen für meine Beiträge?

Verbraucherschützer wie Axel Kleinlein fürchten, dass die künftigen Bestandsverwalter Ihren Kunden nicht länger angemessene und faire Überschüsse bezahlen. Neubesitzer wie auch ursprüngliche Lebensversicherungsgesellschaften müssen ihre Kunden in gesetzlich festgeschriebener Höhe an ihren Überschüssen beteiligen. Ob Überschüsse und die damit laufende Verzinsung sinken könnte, spielt aber für Besitzer von Altverträgen eine eher untergeordnete Rolle. Denn Verträge, die bis Ende 2011 abgeschlossen wurden, werden mit mindestens 2,25 Prozent verzinst, ältere Policen mit bis zu 4,00 Prozent. Die laufende Verzinsung liegt aktuell bei der Generali bei 1,25 Prozent und bei der Ergo Leben bei 2,05 Prozent, wie der Policen Direkt-Vergleich der Gewinnbeteiligungen der deutschen Lebensversicherer zeigt. Ein Großteil der betroffenen Verträge dürfte zu den Altverträgen gehören.

Achtung:

Liegt die laufende Verzinsung unter dem für Ihren Vertrag gültigen Garantiezins, gilt für Ihren Sparbeitrag automatisch der Garantiezins.

Die Höhe der Schlussüberschüsse inklusive möglicher Beteiligung schwankt und kann ohnehin nicht garantiert werden.


Fazit: Die Nachricht, dass Ihr Vertrag womöglich bald abgewickelt wird, stellt aktuell keinen hinreichenden Grund dar für die vorzeitige Beendigung der Police. Wenn Lebensumstände es dennoch erfordern, dann ist in jedem Fall der Verkauf der Police auf dem Zweitmarkt, bei Anbietern wie Policen Direkt, die bessere Alternative.

Das Factsheet zur Sicherheit (PDF) des Produktes Lebensversicherung zeigt Ihnen im Detail, welche weiteren Sicherungsmechanismen bestehen.

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