Der Streit um die Lebensversicherung

von Manuel Reil | | Infos, News, policendirekt
Der Streit um die Lebensversicherung

“Die Renditen von Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen sind schlecht.” lässt die Hamburger Verbraucherschützerin Edda Castelló auf der Webseite der Verbraucherzentrale wissen. Castelló ist nicht nur deswegen als Versicherungskritikerin Nummer Eins gern gesehener Gast bei vielen Fernsehsendungen mit Verbraucherthemen. Bei “Hart aber Fair” (ARD) rechnete sie beispielsweise einen Vertrag aus: Was bringt eine Lebensversicherung mit einem Monatsbetrag von 80,- EUR, einer Laufzeit von 26 Jahren und einer Ablaufleistung von 43.000 EUR? Das Ergebnis in Prozent erfuhren die ARD-Zuschauer zwar nicht, aber die Aussage, dass Bundesschatzbriefe die bessere Alternative gewesen seien. Der GDV hielt dagegen, wie ProContra berichtete.

Die Rendite dieses Mustervertrages könne mit 3,9% angegeben werden, risikokostenbereinigt sogar 5%. Vergleichbare Bundeswertpapiere hätten hingegen nur eine Rendite von 4,4% zu bieten gehabt. Falsch läge Castelló auch mit ihrer Begründung. Während sie Frank Plasberg gegenüber versicherte, die hohen Kosten würden auf das Ergebnis der Lebensversicherung drücken, betonte der GDV in seiner Gegendarstellung, dass dies in erster Linie an den gesunkenen Zinsen läge. Die Verwaltungskosten seien hingegen sogar von einst 4% auf mittlerweile 2,4% im Verbandsdurchschnitt gesunken. Auf dem Lebensversicherungszweitmarkt erwirtschaften die Policen ebenfalls im Schnitt 4,9% – allerdings bei viel kürzeren Laufzeiten von durchschnittlich 2 Jahren.

Warum ist die Lebensversicherung eigentlich ein schlechtes Geschäft?

Warum rät Castelló eigentlich von der Lebensversicherung ab? Nur wegen der Rendite? Diese mag zwar niedriger sein, als bei einigen Aktien. Aber sie ist immer noch höher, als beim Tagesgeld – und das bei höheren Sicherheiten. Schließlich gilt die Lebensversicherung seit je her als besonders sicheres Investment und ist deshalb noch heute eine gesetzlich geförderte Form der Altersvorsorge. Der Grund liegt in der Kündigung der Police, erläutert die Hamburger Verbraucherschützerin: “Die meisten Leute verlieren dabei Geld, weil sie nämlich vor dem eigentlichen Ablauf kündigen müssen, aus Krankheitsgründen, weil sie arbeitslos werden, weil eine Beziehung in die Brüche geht oder weil man Geld für den Immobilienerwerb braucht”, so Castello gegenüber einer Journalistin des Handelsblattes. Der Bund der Versicherten (BdV), dessen stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Castelló ist, empfiehlt daher den Verkauf der Lebensversicherung auf dem Zweitmarkt als Alternative zur Kündigung.

Ist die Lebensversicherung nicht sicher genug?

Schon seit 30 Jahren machen Verbraucherschützer Front gegen die Lebensversicherung. Sie haben es sogar geschafft, die Behauptung Lebensversicherung sei legaler Betrug, 30 Jahre lang aufrechtzuerhalten. Daran erinnerte BdV-Vorstand Axel Kleinlein im Handelsblatt. Als Begründung heißt es: “Der Großteil aller Kunden storniert seinen für die Altersvorsorge gedachten Lebensversicherungsvertrag. Da sind die Renditen dann üblicherweise sehr mies. Im Normalfall der Kündigung trifft die Renditekritik also unzweifelhaft auch heute noch zu”. Aber warum trennen sich Versicherte von Ihren Policen? Dies wollte auch die Steinbeis Hochschule in Berlin herausfinden. Sie führte dazu eine Untersuchung durch, wonach ganz handfeste Gründe für den Verkauf der Lebensversicherung aufgeführt werden, allen voran Schuldentilgung und Arbeitslosigkeit. Aber auch die Eigenheimfinanzierung und die Erfüllung besonderer Wünsche wird genannt. Lediglich vier Prozent hielten die Lebensversicherung nicht sicher. Zumindest das konnten die Berliner Forscher also ausräumen.

Maklerstudie: Produkte besser als ihr Image

Zu den wichtigsten Problemen im Maklergeschäft bei der Lebensversicherung zählen nach einer von Heute & Morgen durchgeführten Maklerbefragung das Imageproblem der Branche, sowie die hohe Komplexität der Produktlandschaft, die Kunden gegenüber oft nur schwer vermittelbar seien, schreibt das Versicherungsjournal. Auch für die fondsgebundene Lebensversicherung wird es zunehmend schwer. Großen Wert legen die Makler auf Beitragsgarantien, auch wenn diese zulasten der Rendite gingen. Bei der klassischen Lebensversicherung orientieren sich die Makler hauptsächlich an den Ratingwerten der Ratingagenturen Softfair, Morgen & Morgen, Innosystems, Franken & Bornberg und ITA. Die Finanzkraft, Größe, Bedeutung, aber auch das Image des Versicherers spielt hierbei eine große Rolle. Anders als von den Medien dargestellt, sehen Makler in der Absenkung des Garantiezinses selbst kein Problem, wohl aber in der Medienberichterstattung darüber.

Lebensversicherung mit zweitbestem Neugeschäft der Geschichte

Die Versicherungssumme des Neugeschäfts der Lebensversicherung ist im Jahr 2012 ungeachtet aller Berichterstattung von 238 auf 242 Mrd. EUR angestiegen. Damit erlebten die Lebensversicherer das zweitbeste Geschäft ihrer Geschichte. Übertroffen wurde 2012 nur noch durch 2004 (300 Mrd. EUR), wo es Sondereffekte wegen des boomenden Riestergeschäfts und der Abschaffung des Steuerprivilegs gab. Seit 2010 erlebt das Neugeschäft in der Lebensversicherung einen deutlichen Neuanstieg, schreibt die Versicherungswirtschaft.

Kritik an der Lebensversicherung ist selbstverschuldet

Die Kritik an der Lebensversicherung ist zu großen Teilen “unkonstruktiv und nicht mehr sachlich”, fasst Wolfram Wabetz, CEO der Helvetia gegenüber dem Versicherungsjournal im Rahmen einer Versicherungskonferenz zusammen. Allerdings sei auch die Branche auch selbst Schuld an dieser Kritik, so Wabetz weiter. Die Lebensversicherung als Anlageprodukt anstatt als Vorsorgeprodukt zu verkaufen, bezeichnete Wabetz als Sündenfall. Das sieht auch Bernhard Rudolf, Chefredakteur des Versicherungsmagazins so. Seiner Ansicht nach hat die falsche Positionierung überhaupt erst zur Diskussion der Beteiligung an den Bewertungsreserven beigetragen. Und Michael Boddenberg, hessischer Minister für Bundesangelegenheiten ergänzte, dass den Verbrauchern klar sein müsse, dass ein Mehr an Rendite gleichzeitig auch ein Mehr an Risiko bedeute. Für die Zukunft ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer Neupositionierung und Neuausrichtung von Vertrieb und Kommunikation. An den Grundbestandteilen soll dabei festgehalten werden: “Die Idee des Kollektivs und die einer Garantie werden aber fortbestehen”, bekräftigte Ergo Vorstandsmitglied Johannes Lörper.

Von Matthias Wühle

 

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